nach dem gleichnamigen Roman von Fjodor M. Dostojewski
Übersetzung „Böse Geister“ von Swetlana Geier
Bühnenfassung von Sascha Hawemann und Dirk Baumann
Regie: Sascha Hawemann
Bühne: Wolf Gutjahr
Kostüme: Hildegard Altmeyer
Live-Musik: Xell
Mit: Andreas Beck, Jakob Benkhofer, Christian Freund, Ekkehard Freye, Frank Genser, Annou Reiners, Uwe Schmieder, Alexandra Sinelnikova, Friederike Tiefenbacher
Prolog – vor der Vorstellung:
Angekündigte 4 1/2 Stunden schrecken mich. Das sind wagnerische Dimensionen. Ob die Musik von Xell entsprechend gut ist? Nun, ich werde sehen und hören …
Epilog – am nächsten Tag:
Es beginnt mit einem stehenden Bild. Viel Weiß von oben bis unten, Stühle, im hinteren Bereich ein stehender Schauspieler. Mit zunehmender Dauer höre ich hinter mir ein Stöhnen (ein Kritiker) und den Kommentar, wenn sich die 4 1/2 Stunden so gestalten … Aber es kommt Bewegung auf und damit Hoffnung.
Ja, Dostojewski, das war doch der mit den langen Romanen mit vielen Personen und ihren russischen Namen, die ich mir nicht merken konnte. Mehr noch, ich konnte mit den Geschichten nichts anfangen und habe, glaube ich, kein Buch von ihm zu Ende gelesen und seit Jahrzehnten in keines mehr hineingeschaut. Na, das sind ja gute Voraussetzungen – oder gerade nicht?
Ach ja, und dann ist das schon wieder eine Adaption für das Theater, es gibt ja keine Theaterstücke mehr …
Nun, worum geht es denn? – Wie so häufig um großbürgerliche heruntergekommene Wesen mit kulturellem Hintergrund, auf dem Lande lebend, die von irgendwelchen reichen Gutsbesitzern abhängig sind, ihr Glück und Geld verspielt haben und sich in ihrem – in der Regel meist selbstverschuldeten – Elend suhlen. Ist das die russische Seele? Ich will keinem Russen zu nahe treten, aber ich verstehe es nicht, ich kann damit nichts anfangen. So geht es mir auch mit Tschechow und Konsorten.
Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit das erste Mal zur Uhr schaue, sind zwei Stunden vergangen. Ich wäre jetzt fertig und mir genügte es auch, aber da sind ja noch 2 1/2 Stunden. Mir schwant, dass es keine Pause geben könnte. Eine halbe Stunde später bin ich davon überzeugt. Doch als knapp drei Stunden um sind, gibt es doch plötzlich eine Pause. Zuvor sind schon etliche gegangen, jetzt verlassen viele das Theater. Ob es Erziehung, Anstand, falsch verstandenes Pflichtgefühl und/oder Respekt den Künstlern gegenüber sind, ich weiß es nicht. Vielleicht die Hoffnung, die ja bekanntlich zuletzt stirbt, dass doch noch etwas interessantes geschieht. Bisher ergeht sich das Stück überwiegend in der Betrachtung. Wie sollte es bei einem Roman auch anders sein. Kurzum, ich bleibe bis zum Schluss: eine Meinung mag ich mir nur bilden, wenn ich alles erlebt habe.
Nach der Pause gibt es noch mehr Betrachtung, Theaterblut, staubige Erde, Matsch, Dreck und Aktion mit Pinsel und Farbe, d.h. Schmierereien an den weißen Wänden. Das große Sterben der meisten Figuren geht dann bis zum Ende.
Das erhellt weder, noch hebt es die Stimmung – und verstehen kann ich das auch nicht. Nicht nur weil jetzt überwiegend geschrien wird. Da versteht man per se noch weniger.
Um Mitternacht ist endlich Schluss. Diejenigen, die durchgehalten haben, applaudieren begeistert. Ich weiß nicht recht, ob sie sich applaudieren, weil sie durchgehalten haben oder den Schauspielern/innen, die auch durchgehalten haben. Wie auch immer, auch das verstehe ich nicht.
Jetzt muss man aber auch mal sagen, dass es ja durchaus Momente der Unterhaltung, gute Einfälle, tolle schauspielerische Leistungen gegeben hat, auch die Leistung, kilometerlange Texte auswendig gelernt zu haben.
Immerhin bin ich motiviert hier einen – für meine Verhältnisse – längeren Text zu schreiben, wo ich sonst kaum noch dazu Lust habe, und das allein ist wohl ein Kriterium dafür, dass ich angeregt worden bin. Also hatte der lange Abend doch etwas positives. Aber der am Ende obligatorisch nackte Uwe Schmieder, bei dem man schon alles gesehen hat, was man nicht mehr sehen will, der einen wie auch immer gearteten Ausdruckstanz vollführt, das will ich dann doch nicht mehr sehen.
Ach ja, und die Musik? – Es ertönt leeres Geplätscher auf dem Klavier an der Seite, eliseres vom Klavier auf der Bühne und gelegentlich dröhnendes Elektronisches , auch orthodoxes aus den Lautsprechern. Da hilft mir wagnersches Gedröhne besser über 4 1/2 Stunden hinweg, auch wenn dort die Handlung immer wieder große Fragezeichen hinterlässt und es schier unendliche Längen gibt.
Nun, das ist mal ein langer Sermon.