von Giuseppe Verdi – Opernhaus Dortmund.
Diese Oper habe ich bestimmt seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gesehen. Und hier in Dortmund ist sie in dieser Spielzeit dann auch erst einmal nicht mehr zu sehen.
Verdi ist nicht einer meiner Lieblingskomponisten, weil mir seine Musik in vielen Werken nicht glaubwürdig erscheint im Bezug auf die Handlung. Die italienische rum-ta-ta-Seligkeit verhindert das bei mir meistens. Was nicht heißt, dass ich die Musik generell, also losgelöst von der Handlung, nicht gut finde. Nun, im Otello hat Verdi dann einen Kompositionsstil gefunden, der der Handlung folgt, ohne großartige Arienanteile, quasi durchkomponiert, ähnlich wie beim späten Wagner. Und diese Oper ist grandios. Dazu trägt natürlich auch die herausragende literarische Vorlage bei. Die menschlichen Abgründe und Nöte werden allzu glaubhaft.
Das findet sich auch teilweise in der Inszenierung von Jens-Daniel Herzog wieder, die aber auch etliche Fragen bei mir offen lässt: z.B. was soll der Wolf, der ausgeweidet wird, zu Beginn? Irgendwann wird ein Waschbecken vorn auf die Bühne gelegt, was mich sofort an die Tosca-Inszenierung, die derzeit (immer noch) an der Deutschen Oper am Rhein läuft. Ein Standard-Requisit des Regie-Theaters? Später wird es an einer Wand, die ausgefahren wird, angebracht und dient wohl dem symbolischen Auffangen der Unschuld, in der sich Jago die Hände (hier ohne Wasser – in Düsseldorf-Duisburg mit, dort kommt ja sogar noch der Klempner) wäscht.
Aber es ist gut, relativ vorn zu sitzen, denn nur hier sieht man die Mimik der Sänger gut, die eben sehr ausdrucksvoll und gut inszeniert ist. Wie so häufig scheint die Inszenierung nur für den vorderen Teil des Saals gemacht zu sein.
Wie auch immer – es ist ein grandioser Abend. Durchweg alle Sänger, das Orchester musizieren großartig. (Liegt es daran, dass es das letzte Mal ist? dass der Regisseur nochmal zuschaut?)
Lance Ryan als Otello singt beeindruckend und ausdrucksgewaltig, – überhaupt alles zu Beginn bei allen Solisten und dem Opernchor erscheint mir wie stimmliche Kraftmeierei – aber seine Stimme gefällt mir trotzdem nicht mit dem immer wieder gezogenen Tönen. Emily Newton als Desdemona erkenne ich fast nicht wieder. Mit absolut kontrollierter Stimme, in den dynamischen Pianobereichen phantastisch differenziert, klanglich ausgewogen und schön. Diese Partie scheint ihr zu liegen und sie meistert sie grandios. In der Inszenierung stirbt sie allzu langsam und ist immer wieder immer noch nicht tot, obwohl sie doch immer wieder erstochen wird und verblutet. Nun, das verstehe, wer will.
Sangmin Lee als Jago gibt seine Partie als absolut gewissenloses Schwein äußerst überzeugend – sowohl stimmlich wie darstellerisch. Er wird auch am begeistertsten vom Publikum gefeiert.
Musikalisch insgesamt absolut unitalienisch ist es ein Festival des deutschen Klangs. Aber das ist so auch völlig überzeugend.
Bravo! Bravo!