Orchestre Métropolitain de Montréal, Yannick Nézet-Séguin Dirigent,
Marie-Nicole Lemieux Alt, Jean-Guihen Queyras Violoncello
Pierre Mercure »Kaléidoscope«
Hector Berlioz »Les nuits d’été« op. 7
Camille Saint-Saëns Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 a-moll op. 33
Edward Elgar »Enigma«-Variationen op. 36
Pierre Mercures Kaléidoscope unterhält im besten Sinne, bevor die sichtlich angespannte Altistin Marie-Nicole Lemieux die Bühne auf Plateausohlen (die sie ob ihrer Größe wahrlich nicht bräuchte und die den beängstigenden Größenunterschied zu Yannick Nézet-Séguin noch deutlicher machen) das Podium erklettert. Im ersten Lied scheint ihre Stimme noch nicht ganz so zu wollen, wie sie (und ich) es gern hätte(n), aber das ist im zweiten Lied erreicht. Die allmählich zu erahnende und sich anbahnende Verschmelzung von Marie-Nicole Lemieux mit dem lyrischen Ich überwältigt das Publikum im dritten Lied, einer Totenklage. Marie-Nicole Lemieux ist nun gänzlich aufgesogen vom lyrischen Ich, der Schmerz scheint sie seelisch wie körperlich erfasst zu haben, steht ihr im Gesicht geschrieben, treibt ihr gar Tränen in die Augen und ihre Stimme schleudert dies in kraftvollsten Höhen und erschaudern lassenden Tiefen heraus und erschüttert bis ins Mark – es scheint totenstill, aber es wird leider danach auch viel gehustet. (Für viele wohl ein Ventil, um sich ihrer Spannung zu entledigen.) Sie wendet sich ab und wischt sich die Träne aus dem Auge. Die Ekstase erreicht habend segelt sie auf dem wohligen Klängen des Orchesters dem Triumph entgegen. Sie scheint fast selbst überrascht von dem, was sie entfesselt hat, ist selbst überwältigt von der Resonanz und geht ob dieser am Ende dankbar vor dem Publikum in die Knie. Das ging unter die Haut. Das grenzte an Wahnsinn – absolut phantastisch!
Das Cellokonzert hätte ich gern aus größerer Distanz genossen, ebenso die wunderbaren Enigma-Variationen. Yannick Nézet-Séguin, großer Dortmunder Publikumsliebling, hängte noch einen wunderbaren Ohrwurm hinten dran – Ravels Pavane …
Da Capo!