Gustav Mahler – 2. Sinfonie – Konzerthaus Dortmund.
In seiner Einführung zum Konzert beschwört Prof. Dr. Holger Noltze Mahlers Willen mit dieser Musik den Konzertsaal zu sprengen, die Wände einzureißen, die Schwerkraft aufzuheben. Historisch gesehen scheint das gelungen, allerdings wissen wir heute, dass es nach Mahler durchaus Komponisten / Werke gibt, die noch weitergegangen sind. Ja, Mahler baut eine Welt auf mit seiner Sinfonie. Es ist aber eben „nur“ seine Welt, eine Welt seines Selbst, seines Ich. Sicherlich lässt sich Mahlers Leben in der Musik gespiegelt finden, aber eine Reduzierung auf die Biographie wird der Musik nicht gerecht werden. Letztlich allerdings erleben wir beim Hören „nur“ uns selbst. Aber bleiben wir bei Mahlers 2. Sinfonie mit dem MCO (samt Chor) unter Leitung von Daniel Harding. In der Einführung wurde man mit Hörbeispielen aus der Sinfonie in der Interpretation von Bruno Walter eingestimmt. Hier schimmern, wie ich finde, metaphysische Momente auf, die ich so – selbstverständlich – in der folgenden Aufführung nicht erlebe. (Der Täuschung aber, durch die Einführung etwas Neues zu erfahren, wurde ich enthoben. Es stellt sich immer wieder die Frage nach dem Sinn einer Einführung.) Die Schwerkraft wird leider nicht aufgehoben – ich würde das schon gern erleben – aber auch wenn man auf dem Boden bleibt, ist es ein Erlebnis, diese Musik gut und solide musiziert zu hören. Die Sängerinnen gefallen mir sehr gut, weil sie – insbesondere die Mezzosopranistin Bernarda Fink – klare, natürliche Stimmen haben, die eine angenehme Wärme verstrahlen. Das ferne Blech patzt gelegentlich, was dem Ganzen aber keinen Abbruch tut. Ein schönes Konzert.
Manchmal wünsche ich mir mehr Neuartiges, bisher Ungehörtes, Unerhörtes in Konzert und Oper. Man bedenke, dass das gleiche Werk erst am 20.10.2015 am selben Ort mit den Dortmunder Philharmonikern gegeben wurde.